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Chancen, Stabilität und Grenzen
Gespräch mit Europaminister Eberhard Sinner über seine Arbeit in Brüssel und in seinem Stimmkreis

Main-Spessart. Die Osterweiterung als Chance begreifen, aber zugleich über die Grenzen der Europäischen Union diskutieren: Für den bayerischen Europaminister Eberhard Sinner ist das kein Widerspruch. Mit Blick auf den Beitritt von zehn neuen Ländern zur EU am 1. Mai und die Europawahl am 13. Juni sprachen Heinz Scheid und Günter Weislogel mit dem Minister.

Nach rund vier Monaten im Amt: Sind Sie schon zum Europa-Fan geworden?
Das war ich doch immer. Mit Europa habe ich mich schon als Referent von Landwirtschaftsminister Eisenmann beschäftigt, denn Agrarpolitik ist Europapolitik. Aber auch während meiner Zeit von 1974 bis 1978 in der Bonner Vertretung des Freistaats ging es oft um europäische Themen.

Kreuz und quer durch den Kontinent: Wie viele Kilometer haben Sie bislang als Europaminister zurückgelegt?
Das weiß ich nicht so genau. Als Verbraucherschutzminister waren es rund 100000 Kilometer im Jahr, meist mit dem Auto. Jetzt bin ich noch öfter und auf längeren Strecken unterwegs, aber überwiegend mit dem Flugzeug.

Welche der neuen Beitrittsländer haben Sie schon besucht?
Ein wichtiger Gesprächspartner ist derzeit die Tschechische Republik, mit der Bayern eine 350 Kilometer lange gemeinsame Grenze hat. Dabei geht es um Verkehrsprojekte, Zusammenarbeit der Verwaltungen und wirtschaftliche Kontakte. Aber es gab auch schon Treffen mit den Außenministern anderer Beitrittsländer, meist stehen dabei konkrete Maßnahmen im Vordergrund.

Wie stellt sich die Situation in Deutschland von draußen dar?
In anderen Ländern wundert man sich über das, was wir hier bei uns Probleme nennen. Sie müssen bedenken: In den Beitrittsländern sind im Vergleich zu uns riesige Reformprozesse in Gang, schon allein deshalb, um Staat, Wirtschaft und Recht auf europäischen Standard zu bringen.

Warum wirkt Europapolitik hierzulande oft wie eine Abwehrschlacht gegen die Bürokratie in Brüssel?
Nun, dieser Eindruck stimmt leider. Der europäische Zentralismus steht in Konflikt mit den regionalen Bestrebungen. Aber das Problem ist erkannt, auch in Brüssel. Wir wollen lieber weniger als mehr, wenn es um Zuständigkeiten der europäischen Organe geht. Ich setze mich dafür ein, die Zuständigkeiten zwischen EU und Mitgliedstaaten klarer aufzuteilen.

»Eine Art Frühwarnsystem«

Aber die Praxis zeigt doch, dass die Allzuständigkeit der EU größer wird und dies zu einer schleichenden Entmachtung der nationalen Parlamente führt. Was tun Sie konkret dagegen?
Man kann sich zum Ziel setzen, 25 Prozent aller EU-Regelungen abzubauen. Neue Vorschriften müssen auf ihre Notwendigkeit hin geprüft werden, wir brauchen hier eine Art Frühwarnsystem, um uns rechtzeitig in die Gesetzgebung einschalten zu können. Das ist übrigens auch eine meiner Aufgaben als Europaminister. Die Bundesregierung ist hier untätig, darauf werden wir im Europawahlkampf hinweisen.

Stichwort Europawahl: Das Parlament in Straßburg wird meist nur als Anhängsel der EU-Organe in Brüssel wahrgenommen. Wie beurteilen Sie diese Situation?
Der Prozess läuft positiv in Richtung des Parlaments, es soll mehr Einfluss bekommen. Hier geht es auch darum, demokratische Defizite abzubauen.

»Es geht mir um Themen«

Welche Weichenstellungen gehen nach Ihrer Einschätzung von der Europawahl aus?
Schwer zu sagen. Die CSU stellt zehn von 99 deutschen Abgeordneten im Europaparlament. Das wollen wir natürlich halten, denn wenn man etwas bewegen will, muss man vertreten sein. Es geht mir aber auch um Themen: Osterweiterung als Chance, Stabilität der Währung, die europäischen Finanzen und die Grenzen Europas.

Ein heißes Thema. Wie stehen Sie zum Beitritt der Türkei?
Es geht doch nicht nur darum. Auch Länder wie die Ukraine und Weißrussland stehen vor der Tür. 2007, wenn Bulgarien und Rumänien kommen, wird die Europäische Union rund 500 Millionen Einwohner umfassen. Ich meine, man sollte dann eine Zäsur machen. Es besteht die Gefahr, dass wir uns übernehmen, auch bei der Integrationsfähigkeit. Ich halte es für sinnvoll, bei dieser Größenordnung erst mal offene Fragen und Abstimmungsprozesse zu klären.

Sie sind jetzt viel unterwegs. Leidet darunter Ihre Präsenz im Stimmkreis?
Ich gehe natürlich raus in Versammlungen, wenn es möglich ist, doch in der Intensität wie früher geht das nicht mehr. Über das Stimmkreisbüro in Marktheidenfeld kriegt aber jeder schnell einen Termin mit mir.

Es häufen sich Maßnahmen mit Unterstützung durch EU-Mittel, daran sind dann auch kommunale Investitionen geknüpft. Wird sich das Förderwesen immer stärker in Richtung Europa verlagern?
In Main-Spessart sind noch bis Ende 2005 Maßnahmen aus der EU-Übergangsförderung Ländlicher Raum möglich. Die Mittel müssen nun eingesetzt werden, damit sie nicht verfallen. Aber Main-Spessart hat keine Aussichten, über 2005 hinaus Mittel aus der EU-Regionalförderung zu erhalten, weil diese auf die besonders strukturschwachen neuen Beitrittsländer konzentriert werden sollen.

Das heißt unser Landkreis geht dann leer aus?
Main-Spessart könnte künftig allenfalls Mittel aus Sonderprogrammen wie Forschung, innovative Maßnahmen oder aus dem Agrartopf für Naturschutz erhalten. Deshalb fordern wir von der EU größere Freiräume, um mit eigenen Mitteln fördern zu können.

»Wertetradition deutlich machen«

Der Lohrer Dekan Michael Wehrwein fordert einen Gottesbezug in der geplanten EU-Verfassung. Wie stehen Sie dazu?
Das wird auch von Bayern und Deutschland unterstützt, während es von Frankreich abgelehnt wird, weil dort Staat und Kirche getrennt sind. Ich halte es für eine wichtige Forderung, denn es ist Ausdruck, dass Politik auch etwas mit Werten zu tun hat. Der Gottesbezug diskriminiert niemanden, sondern macht die Wertetradition Europas deutlich.

 


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