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Am G 8 führt wohl kein Weg vorbei

"Die Weichenstellung ist klar: Das achtjährige Gymnasium (G 8) kommt. Wie es aussehen wird, das heißt die inhaltliche Ausgestaltung, ist noch offen." Nach rund zweistündiger kontroverser Diskussion in der Aula des Karlstadter Johann-Schöner-Gymnasiums über die Zukunft der bayerischen Gymnasien zog Staatsminister Eberhard Sinner das eindeutige Resümee.

In einer Podiumsdiskussion, moderiert von MAIN-POST-Redakteur Karlheinz Haase, mit Vertretern der Schüler, Eltern und Lehrer wollten die Verantwortlichen dem Minister für Europaangelegenheiten und regionale Beziehungen ihre schweren Bedenken gegen das G 8 und vor allem gegen die ihrer Meinung nach völlig überstürzte Einführung der Schulzeitverkürzung mit auf den Weg zur CSU-Klausurtagung in Kreuth geben. Mehrere hundert Zuhörer waren gekommen, die Stühle reichten nicht aus. Die Kinder saßen auf dem Boden, und auch auf der mit Spruchbändern versehenen Empore drängten sich die Menschen. Auf Plakaten an der Wand hatten Schüler ihrem Ärger über die Pläne der Staatsregierung Luft gemacht. "Kürzt euch doch selber weg", war zu lesen, und zeitweise skandierten einige "Edmund Stoiber Bildungsräuber!".

"Man amputiert keinen Kerngesunden", hielt Walter Fronczek dem Staatsminister Eberhard Sinner vor. Der Lehrer und Personalratsvorsitzende am Friedrich-List-Gymnasium in Gemünden und Mitinitiator der Podiumsdiskussion warnte vor der Zerschlagung einer gewachsenen und bewährten Schulstruktur. Er sah bei der Einführung des G 8 einen massiven Verlust an Bildungsqualität. Ein "Light-Abitur" wäre für ihn die Folge, wenn zum Beispiel in den Kernfachbereichen bis zu 25 Prozent der Stunden wegfallen würden. "Kinder brauchen Zeit zum Lernen", meinte der Pädagoge. Auch für die Lehrer sei die Belastungsgrenze längst erreicht.

Die Vorsitzende des Elternbeirats am Gemündener Gymnasium, Else Platzer, meinte unter großem Beifall, an der Bildung zu sparen, sei der falsche Weg. Da Deutschland als einzigen natürlichen Rohstoff den "Geist" zu bieten habe, könne nur ein hochwertiges und bewährtes Schulsystem den Vorsprung halten. Das G 8 könne dies jedenfalls nicht.

Studiendirektor Rolf Kellermann vom Karlstadter Johann-Schöner-Gymnasium sah Ausgaben für die Bildung als Investition in die Zukunft. Eine überstürzte Einführung des G 8 würde die Abiturientenzahlen vermindern. Er riet dazu, sich Zeit zu lassen und mindestens noch ein Jahr nachzudenken. Vielleicht, so meinte Kellermann, könne man auch für eine Übergangszeit G 8 und G 9 parallel laufen lassen.

Die Schülersprecher Nicolas Raab und Julian Bischoff warnten nachdrücklich vor dem enormen Leistungsdruck, der die Schüler bei Einführung von G 8 treffen würde. Gerade Fahrschüler aus den entfernten Orten hätten bei der geplanten Aufstockung des Stundenmaßes und der dadurch entstehenden Mehrbelastung bei den Hausaufgaben ungeheuere Zusatzbelastungen hinzunehmen. Dies würde sich nicht nur auf die Motivation, sondern auch auf ihre Bereitschaft zu außerschulischem Engagement auswirken.

Eberhard Sinner wies auf die bekannten allgemeinen Haushaltsprobleme der öffentlichen Hand hin und betonte, Deutschland - und damit auch Bayern - geriete noch mehr ins Hintertreffen, wenn man jetzt noch weitere Schulden mache. Dies ginge auch vor allem zu Lasten der kommenden Generationen. Schon heute sei Deutschland das Schlusslicht in der Eurozone mit den ältesten Studenten und jüngsten Rentnern. In fast allen anderen europäischen Ländern seien Schul- und Studienzeiten deutlich kürzer.

Nach guten Erfahrungen bei G 8-Versuchen in Baden-Württemberg werde dort im kommenden Schuljahr die verkürzte Stufe eingeführt. Da auch die meisten anderen Bundesländer ihre Schüler in acht Jahren zum Abitur führten, liefe Bayern Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten. Eventuelle Mehrbelastungen von Schülern und Lehrern können auch durch modernere Lehrmethoden und Arbeitsweisen statt des üblichen Frontalunterrichts gemildert werden, erklärte Sinner unter empörten Protestrufen.

Ungeklärt blieb bis zum Schluss der Diskussionsrunde die Frage, ob die Einführung von G 8 zu Mehrkosten oder zu einer Einsparung führen würde. Hier musste Sinner einräumen, dass wohl zunächst mit zusätzlichen Ausgaben gerechnet werden müsse, doch auf längere Sicht würden sich deutliche Vorteile ergeben. Im Übrigen, so versicherte er, verstehe er den Unmut der Betroffenen und bestätigte aus seiner Sicht weiteren Diskussionsbedarf auch innerhalb der CSU-Fraktion.

Fast ausschließlich kritisch fielen die Statements aus den Reihen der Zuhörerschaft aus. Einer warf dem Kultusministerium Planungsunfähigkeit vor. Ständig werde man durch neue Schnellschüsse verunsichert, die dann wieder, weil unbrauchbar, zurückgenommen werden müssten.

Eine Mutter forderte, die überlangen Studiengänge zu straffen und nicht die Schule. Kinder hätten auch noch andere Interessen und Bedürfnisse neben der Schule. Eine weitere Belastung würde besonders die außerschulische musische Bildung treffen. Sehr ärgerlich war man auch, dass die Entscheidung für G 8 als "Hüftschuss" oder "Ordre de Mufti" ohne vorherige Einbeziehung von Eltern und Lehrern erfolgt sei und dass die jetzige fünfte Jahrgangsstufe schon als "Versuchskaninchen" mit einbezogen werde, ohne dass bereits ein schlüssiges Konzept bestehe.

Im Anschluss an die offizielle Diskussionsrunde stand Minister Sinner noch für Kleingruppengespräche zur Verfügung. Der geplante Demonstrationszug vom Gymnasium zum Marktplatz und eine Kundgebung gegen die Einschränkung der Lernmittelfreiheit mussten allerdings wegen des starken Regens abgesagt werden.

 


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