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MdL Sinner will mehr Mitspracherecht - Die Bürger als Gutachter

MÜNCHEN - "Wem", fragt der CSU-Abgeordnete Eberhard Sinner, "wem trauen die Bürger mehr als den Bürgern selbst?" Nicht den Politikern jedenfalls, wenn es um komplizierte Fragen geht, und auch nicht den Wissenschaftlern.

Das Misstrauen sei groß, beklagt der Politiker. Und findet Antworten, wie sie seine Partei in Bayern früher nicht gegeben hätte.

Seit Alois Glück für die "aktive Bürgergesellschaft" kämpft, ist alles ein bisschen anders geworden. Sinner sitzt in einer Arbeitsgruppe seiner Fraktion, die über neue Wege nachdenkt und sie gelegentlich auch findet. Das "Bürgergutachten" zum Beispiel. "Wir haben uns gefragt, wie wir die Bürger stärker in die Entscheidungen einbinden können." Alle alten Konzepte liefen auf zwei Varianten hinaus: "Entweder wir stellen zugespitzte Ja-Nein -Fragen. Oder wir machen so eine Art Ted-Demokratie mit Postkarten, die mehrere Antworten zulassen.

Seitenlange Liste

Dem Unterfranken schien das zu dürftig. Er suchte weiter und wurde in Wuppertal fündig. Die Bergische Universität hatte schon Anfang der 70er Jahre in den Grundzügen ein Modell entwickelt und bis zum heutigen Tag perfektioniert, das Sinner für ideal hält: das so genannte Bürgergutachten. Die Wuppertaler standardisierten ihr Modell, verfeinerten es und setzen es weltweit um. Heute ist die Liste der erstellten Bürgergutachten mehrere Seiten lang.

So hat die thüringische Stadt Apolda ihre Bürger "die Zukunft der Innenstadt" begutachten lassen, holte sich Nordhausen ein Gutachten zum "Kornmarkt als Mitte", fragten die hannoverschen Verkehrsbetriebe bei der Bevölkerung nach, wie ein "attraktiver öffentlicher Personennahverkehr in Hannover" gestaltet sein müsste. Die Themenpalette ist breit, reicht von speziellsten Fragen der Stadtteilplanung bis zu komplexen Sachgebieten, der Bio- und Gentechnik, zu sozial-, umwelt- und verkehrspolitischen Grundsatzfragen.

Die Idee hat Sinner derart begeistert, dass er demnächst in Bayern ein Bürgergutachten erstellen lassen will. Noch liegt der Antrag dem Landtag nicht zur Abstimmung vor, doch Sinner rechnet fest mit der Mehrheit. Das Thema hat er bereits gefunden: Die Bürger sollen ein Gutachten zum umstrittenen Mobilfunk erstellen. "Wir müssen die Bürgerbeteiligung offensiv angehen, statt defensiv auf Bürgerbegehren zu reagieren", sagt Sinner. Das Gutachten sei ein Weg. Der Grundgedanke ist einfach: Per Zufall wählen die Organisatoren 25 Menschen aus der Bevölkerung einer Stadt, eines Landkreises oder eines Planungsbezirks aus, je nachdem, auf welcher Ebene das Thema angesiedelt ist. Vier Tage lang sollen diese 25 sich informieren, mit Experten reden, mit Verbänden, Betroffenen, mit Politikern, mit Befürwortern wie Gegnern. Am Ende sammeln sie ihre Erkenntnisse und Positionen in einem Gutachten, schreiben nieder, wie sie die gestellten Fragen beantworten.
Die Erfahrungen zeigten, dass die Menschen zu ganz anderen Schlüssen kämen als die Politiker ihnen vorab unterstellt hätten. "Dem Bürger kann man etwas zutrauen", sagt der CSU Abgeordnete. Vor allem akzeptiere die Bevölkerung das Votum der Bürgergutachter weit mehr als das der Fachleute und Politiker. Die Menschen aus ihren eigenen Reihen erscheinen ihnen unbedenklicher, nicht so voreingenommen.
Natürlich muss auch Sinner für seine Idee kämpfen gegen all jene staatlich bestellten Bedenkenträger. Was, so fragten etwa die Beamten in den Ministerien, solle geschehen, wenn die Bürger in ihrem Gutachten das vorgetragene Anliegen schlicht ablehnten? "Denen sage ich: Wenn es schon in einem kleinen Kreis bei bester Vorbereitung nicht gelingt, die Mehrheit zu überzeugen, ist etwas faul." Wichtig sei doch, dass mit den Bürgergutachten auch die schweigende Mehrheit endlich zu Wort komme. "Das ist repräsentativer als alles Bisherige. Und wir können auch komplexe Sachverhalte und mit Angst besetzte Themen behandeln, die in der Öffentlichkeit kaum zu vermitteln sind."

Verdienstausfall wird bezahlt

Eberhard Sinner glaubt an den Erfolg. Notfalls packt er auch noch das finanzielle Argument aus. Weil die Bürger ihren Verdienstausfall bezahlt bekommen und auch die Institute, die das Gutachten fachlich begleiten, nicht umsonst arbeiten, kann so ein Gutachten schon 600 000 Mark kosten, Doch das sei nichts im Vergleich zu den Millionen-Honoraren, die Länder, Städte und Gemeinden an Unternehmensberater überwiesen. "Es ist sinnvoller, sich von den Bürgern beraten zu lassen als von teuren Gutachtern", sagt Sinner. " Besonders, wenn die Menschen die Fachgutachten nicht ernst nehmen." Das täten häufig nicht einmal die Politiker, sagt Sinner. "Etliche dieser Gutachten verstauben ungelesen in den Schreibtischen."

 

VON ROLAND ENGLISCH


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