Eberhard Sinner - HomeEberhard Sinner - SitemapEberhard Sinner - RSS-Feed

Eberhard Sinner und Barbara Schardt im Interview
„1+1+1 ist im
Cluster 5 oder 6“

Barbara Schardt und Eberhard Sinner im Interview
München (st) – Mitte Juni fand im Bayerischen Landtag der erste Spieleabend in einem Landesparlament in Deutschland statt. GamesMarkt sprach mit dem Initiator und medienpolitischen Sprecher der CSU-Fraktion, Eberhard Sinner, sowie mit Clustermanagerin Barbara Schardt über den Abend, über Spieleförderung in Bayern und Spielekritiker.

Wie kam es dazu, dass in Bayern CAM für die Gamesbranche zuständig ist?

Sinner: Wir in Bayern sind Vorreiter bei der Clusterpolitik. Wir betrachten Cluster als Netzwerke, um Wachstum und Arbeitsplätze zu generieren. Es geht um Zukunftsfelder mit Wachstumspotenzial. Übertragen auf den Bereich audiovisuelle Medien, geht es vor allem um Digitalisierung. Das ist ein weites Feld, bei dem man sehr schnell auf das Thema Games kommt, da sie wesentlich für Kreativität und das Wachstum der Märkte in der digitalen Medienwelt sind. Letztlich hat mich Frau Schardt mit diesen Gedanken konfrontiert, und ich habe mich dann, frei nach dem Motto „Learning by doing", mit Entwicklern getroffen.

Wie ging es weiter?

Schardt: Zunächst war es wichtig, die Entwickler davon zu überzeugen sich mit einer politisch gewollten Institution wie dem Cluster einzulassen. Dabei war Herrn Sinners Besuch beim Verein für Videospielkultur äußerst hilfreich. Die Atmosphäre war entspannt und kommunikativ, und die Entwickler haben ihre Wünsche sehr offen geäußert und gespürt, dass der Medienminister sich für ihre Anliegen interessiert. Darüberhinaus ist es Herrn Sinner auch gelungen, den Deutschen Computerspielpreis nach München zu holen und eine Spieleförderung zu initiieren.

Wie sehen Sie das Engagement der anderen Bundesländer?

Schardt: Der Standort Bayern muss die Konkurrenz beobachten. Hamburg war viel schneller und früher dran und hat sich dank einer sehr systematischen Förderung einen Vorsprung erarbeitet. Nordrhein-Westfalen empfiehlt sich derzeit sehr stark als Standort für die Gamesbranche, und auch Berlin und die Rhein-Main-Region sind sehr umtriebig. Auf der anderen Seite ist Bayern schon jetzt der größte Publisherstandort in Deutschland, und beim parlamentarischen Spieleabend konnte jeder sehen, dass sich auch die bayerischen Entwickler nicht verstecken müssen.

Wo liegen die Vorteile der bayerischen Initiativen, wo die Nachteile? „Gamecity Hamburg" klingt zum Beispiel irgendwie griffiger als Cluster ...

Schardt: Es gibt einen grundsätzlichen Unterschied zwischen beiden Ansätzen: Die Hamburger Wirtschaftsförderung hat sich entschlossen, sich voll und ganz auf Games zu konzentrieren. Das Cluster audiovisuelle Medien ist als Name vielleicht nicht so hübsch, viel wichtiger ist jedoch, dass wir gerade nicht nufür Gamedeveloper, sondern auch für Filmtechnik, für Sender, für die Film- und Fernsehproduzenten zuständig sind.

Warum?

Sinner: Beim Cluster geht es um die Vernetzung in andere, benachbarte Gebiete. Stichwörter sind hier Design, IT oder auch das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen, das MP3 erfunden hat. Cluster zeichnen sich dadurch aus, dass eins plus eins plus eins nicht drei sondern fünf oder sechs ist. Das ist die Stärke Bayerns. Ich sage immer, es geht um mein persönliches Spezialthema: „SINNERgien", Synergien mit Sinn. Dazu habe ich auf meiner Webseite auch einen Blog.

Wo sind solche Vernetzungen denkbar?

Schardt: Sie funktionieren sogar schon. So hat sich z. B. herausgestellt, dass sich Spieleentwickler und Produzenten aus dem Bereich Animation und Visual Effects gar nicht kannten. Eine andere Kooperation besteht mit dem Cluster Luft- und Raumfahrt. Sie hat sich durch Zufall während einer Reise nach Montreal mit Vertretern beider Cluster ergeben. Natürlich handelt es sich um eine sehr unterschiedliche Klientel, was eine Annäherung langsam und schwierig macht. Aber trotz der unterschiedlichen Herkunft und Produktionsbedingungen der Branchen der der dreiteiligen Anzüge und der T-Shirts, wenn man so will - letzten Endes gibt es Schnittmengen, und ich bin überzeugt, dass daraus etwas Positives entsteht. Gerade ein Technologiestandort wie Bayern soll und muss sich auf das Thema Serious Games stürzen.

Stichwort Förderung. Bayern hat Fördergelder in den Staatshaushalt gestellt, aber wie, von wem werden die vergeben?

Sinner: Zunächst war es vor allem wichtig, dass das Geld, 470.000 Euro, im Haushalt steht. Das war auch gar nicht so einfach, da sich durch die Landtagswahl und die anschließenden Koalitionsverhandlungen alles etwas hinausgezögert hat.

Schardt: Die Staatskanzlei hat Richtlinien entwickelt, insofern wird das Geld in die Förderung von Prototypen und Spieleentwicklungen fließen. Allerdings ist man derzeit noch dabei, diese Richtlinien final abzuschließen und zu bestimmen, wer Verwaltung und Vergabe bewerkstelligen soll. Man könnte sagen, wir warten alle auf die Taube, die die Botschaft bringt.

Kommen wir zum parlamentarischen Spieleabend. Was wollten Sie erreichen?

Sinner: Wenn man unsere Bemühungen um die Gamesbranche auf das Banalste reduziert: Auch Kreativität braucht Geld. Auf der anderen Seite fallen letztlich alle politischen Entscheidungen im Parlament. Und so haben wir uns im Januar zusammengesetzt, um zu überlegen, wie wir das Thema Games ins Parlament tragen können, und zwar nicht in Form eines Haushaltsplans, sondern lebendig, fraktionsübergreifend- und im Maximilianeum. Das allein ist schon ein Statement für die Öffentlichkeit.

Inwiefern?

Sinner: Das Maximilianeum wurde nicht als Landtag gebaut, sondern es war in seiner ursprünglichen Form unter Max II. ein Ort, an dem die besten Abiturienten Bayerns als Stipendiaten angesiedelt waren, die sogenannten Maximilianeer, die auch heute noch hier sind. Darüber hinaus war das Maximilianeum eine Gemäldegalerie. Insofern vereint das Maximilianeum Politik, Kunst und Wissenschaft.

Was hat der Spieleabend erreicht?

Sinner: Ich glaube die Medienpolitiker aller Fraktionen haben sich bereits mit dem Thema Games auseinandergesetzt. Durch den parlamentarischen Spieleabend konnten wir jetzt aber auch Haushaltspolitiker, Innenpolitiker usw. erreichen. Zumindest aus der CSU-Fraktion konnte ich aus jeder Arbeitsgruppe mindestens eine Vertreterin oder einen Vertreter begrüßen. Auf dieses Netzwerk können wir bei der weiteren Diskussion setzen.

Gab es auch kritische Stimmen?

Sinner: Ja, ich habe in der Tat einige „wunderbare" Briefe bekommen. So hat z. B. Herr Prof. Pfeiffer aus Niedersachsen mir und allen anderen Abgeordneten geschrieben. Ich habe ihm für seine „Fürsorge" gedankt und ihm auch erläutert, dass es neben seiner auch andere Meinungen gibt, und dass es in München zwei Eliteuniversitäten gibt, die sich ebenfalls mit der Medienwirkungsforschung beschäftigen.

Warum gab es mit Ausnahme von „GTA IV" vor allem familientaugliche Spiele?

Sinner: Wir wollten die gesamte Bandbreite an Spielen zeigen und keinen Bereich privilegieren. Wenn ich von jeder Art von Spiel zwei, drei Beispiele zeigen will, dann lande ich sehr schnell bei 60 Titeln oder mehr.

Trotz der Vielfalt, Gameskritiker sehen natürlich zuerst die Gewaltspiele ...

Sinner: In der Tat sind es oft die „digitalen Analphabeten", die Games ablehnend gegenüberstehen. Ehrlicherweise muss man aber auch verstehen und akzeptieren, dass es Hemmschwellen gibt, die erst überwunden werden müssen. Einige der Spiele und Spielkonsolen sind dafür ausgelegt, dass wirklich jeder damit umgehen kann. Auch könnten Serious Games über diese Hemmschwellen hinweghelfen.

Schardt: Gerade für Serious Games, die im Bereich Gesundheitsvorsorge, Training oder Ernährung angesiedelt sind, könnten z. B. Krankenkassen gute Verbreiter sein. Und je mehr interaktive Anwendungen alle Lebensbereiche erobern, desto höher wird die Akzeptanz und desto geringer werden die Vorurteile.

Inwiefern behindert die Killerspieldebatte den positiven Dialog über Games?

Sinner: Im Grunde ist es ein pawlowscher Reflex, dass nach bestimmten Ereignissen diese Debatten erneut losgehen. Die Medienwirkungsforschung ist keineswegs eindeutig. Ich sehe hier noch immensen Forschungsbedarf. Bei der Frage, was Medienkonsum für unsere Kinder bedeutet, kommt man sehr schnell auf die Rolle der Eltern, die sich um ihre Kinder kümmern müssen. Ich halte es für wichtig, dass wir beim Parenting, bei Peer-to-Peer-Konzepten ansetzen und das vonseiten der Medienpolitik begleiten und nicht nur vom Standpunkt der Innen- und Rechtspolitik aus betrachten.

Nach der Gewalt scheinen die Kritiker mit der Spielesucht bereits das nächste Übelausgemacht zu haben ...

Sinner: Ich habe in meiner Amtszeit als Gesundheitsminister 2001 bis 2003 das Thema Sucht in vielen Zusammenhängen behandelt. Bei Zigaretten, bei Alkohol, ja selbst bei Diskotheken, denn es gibt auch Menschen, die sich fast zu Tode tanzen, bei denen der Diskobesuch suchtähnliche Züge hat. Sucht hängt in der Regel weniger von dem Medium ab, mit dem man konfrontiert ist, sondern von einer inneren Disposition, von Lebenssituationen, die zu Frustration und Realitätsflucht führen.

Was schlagen Sie also vor? Sinner: Natürlich müssen wir darauf achten, dass gewisse Inhalte für bestimmte Altersgruppen außer Reichweite sind. Daneben müssen wir sicherstellen, dass Jugendliche mit den Inhalten, mit denen sie konfrontiert werden, auch vernünftig umgehen können. „Kinder stark machen" und nicht monokausale Erklärungen sollte unser Ansatz sein, denn auch die Auslöserfunktion bestimmter Verhaltensweisen ist nicht so monokausal, wie es manchmal dargestellt wird.

Twitter

Noahs Welt spielen

 

 

 

Umfragen

Sollen Windkrafträder nur dort gebaut werden, wo sie Menschen und Natur nicht stören?
JA - da stimme ich zu! (58,5%)
 
Ist mir egal. (24,5%)
 
NEIN - jede Gemeinde soll das selbst entscheiden. (17,0%)
 
zur Umfrage