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Eberhard Sinner: Ja zur Wehrpflicht

Rede anläßlich des feierlichen Appells zum Abschluss des 102 Offizierslehrgangs der Offiziersschule der Luftwaffe in FFB.

Dieser feierliche Appell findet in einer bewegten Zeit statt. Die Bundeswehr hat  eine lange Phase der Reformen hinter sich und eine Phase neuer Reformen vor sich. Die  politische Diskussion ist in vollem Gang.

Es geht um Konzepte, Strategien und Standorte. Wehrpflichtige müssen ab Juli nur noch ein halbes Jahr zur Bundeswehr. Auch der Zivildienst dauert nicht mehr so lang wie bisher. Die Verkürzung von 9 auf 6 Monate ist Bestandteil des Koalitionsvertrags. Dies hat der Deutsche Bundestag am 17. Juni 2010 auch so beschlossen. Angesichts der Debatte um das Sparprogramm der Bundesregierung wird neuerdings die Wehrpflicht insgesamt infrage gestellt oder auch über eine Aussetzung der Wehrpflicht diskutiert.

Innerhalb der NATO gibt es unterschiedliche Konzepte: Dänemark, Deutschland, Estland, Griechenland, Norwegen, Türkei  noch die Wehrpflicht, wobei in Dänemark das Freiwilligkeitsprinzip gilt. Der Beschluss des Bundestages ist ein  Kompromiss zwischen den Auffassungen der Union und der FDP.  Angesichts der notwendigen Rückführung von Ausgaben im Bundeshaushalt hat diese Festlegung der Koalition eine Eigendynamik entwickelt. Eine Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate liefert kaum einsatzfähige Soldatinnen und Soldaten. Deshalb scheint es nahe liegend auf die Wehrpflicht zu verzichten.

Es gibt aber viele gute Argumente, auch heute an der Wehrpflicht festzuhalten:

  • die Wehrpflicht ist eine Klammer zwischen Gesellschaft und Bundeswehr
  • auch eine sechsmonatige Wehrpflicht kann Personal für Funktionsdienststellen ausbilden
  • sechs Monate können die Basis sein für weitere Abschnitte und weitere Verpflichtungen und sind damit möglicherweise eine wichtige Voraussetzung für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr
  • im Sinne der Wehrgerechtigkeit muss parallel dazu der Zivildienst gesehen werden.

 

Im letzten Jahr hat der Staat 63.413 Männer zum Wehrdienst einberufen. Der Spiegel schreibt am 21. Juni 2010: „Warum greift der Staat in das Leben junger Menschen ein, obwohl er nicht erklären kann, was sie in den Kasernen sollen, wenn sie angetreten sind? David stammt aus einem kleinen Ort in Hessen, nach dem Abitur fand er das Angebot verlockend, bei der Bundeswehr zu studieren und in der Luftwaffe die Offizierslaufbahn einzuschlagen. Seine Euphorie hielt nicht lange. Nach zwei Wochen wurde er von der Waffenkammer in das Geschäftszimmer der Kompanie versetzt, wo ähnlich viel zu tun war."

Als Mentor habe ich versucht Sie in  diesem Abschnitt punktuell zu begleiten. Ich habe viel erlebt und erfahren, viel gesehen und gehört. David ist mir dabei nicht begegnet. Was ich erlebt habe war:

  • ein ambitioniertes Ausbildungsprogamm
  • engagierte und qualifizierte Ausbilder
  • aufgeschlossene und leistungsbereite junge Soldatinnen und Soldaten

Jeder von Ihnen hat sicher seine eigenen Erfahrungen gemacht. Mit der Übergabe der Offizierspatente endet dieser erste Abschnitt der Ausbildung zum Offizier der Luftwaffe. Weitere Abschnitte werden folgen. Lernen wird Sie Ihr ganzes Leben begleiten. Jeder neue Tag bringt neue Herausforderungen, denen wir alle uns stellen müssen. Je besser wir vorbereitet sind, desto gelassener können wir diesen Herausforderungen begegnen und desto wahrscheinlicher werden wir bestehen und nicht scheitern.

Disziplin, Teamgeist, Kreativität, Urteilsvermögen, Entscheidungsstärke, Entschlossenheit, Führungskraft und professionelle Umsetzung wird von ihnen erwartet.

In Südafrika können wir das bei der Fußballweltmeisterschaft genauso erleben. Die weltbesten Fußballer treten an, trainiert, motiviert und mit ausgeklügelten strategischen Überlegungen instruiert. Hunderttausende in den Stadien und Millionen an den Fernsehern  wissen alles und sogar mehr als alles besser: Jeder Pass und jeder Schritt wird digitalisiert, analysiert und  korrigiert.

Auch Ihre Tätigkeit wird im medialen Scheinwerferlicht bewertet werden. Es wird auch Fehler geben, weil es Szenarien gibt, die in Sekundenschnelle Eingreifen und Entscheiden erfordern. Soldat im Einsatz ist aber mehr als ein Spiel. In Afghanistan hat der Einsatz in diesem Jahr schon 300 ausländischen Soldaten das Leben gekostet, mehr als 2008, im vergangenen Jahr starben über 500  ausländische Soldaten. Unsere Soldatinnen und Soldaten haben Anspruch auf ein Grundvertrauen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Das ist eine Selbstverständlichkeit, an die aber immer wieder erinnert werden muss. Die Bundeswehr braucht keine Fanclubs und keine Fankurve, keine Fans, die anfeuern, Fahnen schwenken, Vuvuzelas blasen, Schwarz-Rot-Gold als Makeup anlegen, aber in schwierigen  Situationen genauso schnell abschminken und Begeisterung in das Gegenteil verkehren.

Die Bundeswehr braucht  gesellschaftliche Unterstützung und politische Anerkennung, Ausbildung und Ausrüstung, die den Aufgaben entsprechen. Soldatinnen und Soldaten müssen und sollen loyal sein. Loyalität ist aber keine Einbahnstraße. Auch Gesellschaft und Politik müssen loyal zu den Bürgern in Uniform, unseren Soldatinnen und Soldaten stehen.

Führungsaufgabe als   Offizier bedeutet mehr als normale Pflichterfüllung. In diesen Tagen ist Stanley McChrystal ein Beispiel: Er war beliebt bei der Truppe in Afghanistan; die Soldaten hatten Respekt vor dem engagierten General - dessen Zeitplan 18 Stunden Arbeit, 2 Stunden Sport, 4 Stunden Schlaf und nur eine Mahlzeit am Tag vorsah. Auf McChrystals Schultern lastete eine gigantische Verantwortung: Der Amerikaner sollte das Ruder am Hindukusch herumwerfen. Trotz aller Professionalität scheiterte er an der großen Aufgabe.

Als Mentor dieses 102. Offizierslehrgangs danke ich Ihnen allen,

den Offiziersanwärtern, dass sie sich für den Beruf als Offizier entschieden haben,

den Ausbildern und der Leitung der Offiziersschule der Luftwaffe, dass Sie all Ihr Können einsetzen und mit einem Engagement, das vom Herzen kommt, die Ausbildung der Ihnen anvertrauten jungen Menschen gestalten,

den Familien und Lebensgefährten, dass sie diese Berufsentscheidung mittragen und unterstützen.

Ich gratuliere herzlich zum Offizierspatent und wünsche Ihnen für den weiteren Lebensweg alles Gute, Gottes Segen und das notwendige Quantum Glück, das für den Erfolg nötig ist.

 

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