Brot und Spiele (Panem et Circenses) waren seit der Antike die Anreize, um Menschen in schwierigen Zeiten zufriedener zu machen. Der römische Dichter Juvenal hat dies in einer Satire kritisch aufgespießt. Auf der Piazza Anfiteatro in Lucca versetze ich mich bei einem Campari in die Zeit der Antike zurück: Der Kaiser veranstaltete Spiele und sponserte Speisen und Getränke. Die Spiele waren blutig und grausam. Heute handelt die Politik bei Panem ähnlich: Im Wahljahr 2009 sichern großzügige Milliarden die Arbeitsplätze bei deutschen Autobauern und Banken. Im 21. Jahrhundert finden Spiele real in den Arenen des Profifußballs, virtuell auf Computerbildschirmen statt. Beides ist heute Big Business. Computerspiele sind aber in der öffentlichen Diskussion hoch kontrovers diskutiert.
Spielen gehört zum menschlichen Leben, früher als Schreiben und Lesen. Das gilt für die Evolution des Menschen wie auch für seine individuelle Entwicklung. Im Darwinjahr erinnern wir uns daran, dass auch Tiere Spiele haben. Menschen und Tiere können dabei sehr wohl zwischen "Spaß" und "Ernst" unterscheiden. Die Wissenschaft, die sich mit diesen Fragen befasst, heißt Ludologie. Da zu viel Spaß aber offensichtlich verdächtig ist, sprechen wir heute von "Serious Games", ein Widerspruch in sich selbst oder auch nicht? Spiele können Schule des Lebens sein, ohne dass der Ernstfall eintritt. Das gleiche können auch Träume und Albträume sein, die unsere Fantasie und mit denen sich unsere Fantasie beschäftigt. Beruhigend, dass nur ein Bruchteil unserer Träume und Albträume wahr wird. Computerspiele haben die unterschiedlichsten Aspekte und Spielideen: Bildung, Sport und Gesundheit sind genauso repräsentiert wie Rehabilitation und Prävention oder Rollenspiele und Tactic Games. George Lucas (Star Wars) hat Maßstäbe für erfolgreiche Spiele gesetzt, Steven Spielberg, einer der erfolgreichsten Filmregisseure, ist fasziniert von dem kreativen Potenzial, das in Computerspielen liegt. Er träumt davon ein Videospiel zu schaffen, das die Menschen emotional anspricht.
Zum ersten Mal lädt eine Fraktion in einem deutschen Parlament, die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, zu einem Spieleabend ein, der sich nicht mit dem traditionellen bayerischen Spiel "Schafkopf" beschäftigt. Politiker aller Fraktionen wollen sich in Theorie und Praxis mit Computerspielen auseinander setzen, damit sie in Zukunft besser wissen, wovon sie reden. In München hat die Branche gemeinsam mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann am 31. März zum ersten Mal den deutschen Computerspielepreis vergeben. LARA - Der Deutsche Games Award 2009 wird am 24. Juni in Köln vergeben. Die Technische Universität Darmstadt veranstaltete Ende Mai GameDays. Man kann mit Computerspielen tatsächlich schlauer und vitaler werden, wie der Präsident der Technischen Universität Darmstadt, Hans-Jürgen Prömel, feststellt. Wissenschaftler beschäftigen sich mit den positiven Aspekten der Spiele, denen sie ein großes Potenzial zumessen, sie blenden aber auch die negativen Seiten nicht aus.
Das gleiche wird am Spieleabend des Bayerischen Landtags am 17. Juni geschehen. In der Vorab-Berichterstattung verengte sich das auf "Killerspiele im Bayerischen Landtag". Dies ist die einfachste Betrachtungsweise, die sich teilweise auch Politiker zueigen machen. Der Schnellschuss gegen Computerspiele ist wohlfeil, wenn Aktionismus bei aktuellen schrecklichen Vorgängen wie einem Amoklauf gefragt ist. Schnellschüsse killen aber Computerspiele ebenso wenig, wie Ego-Shooter die Pixelmännchen, die in der nächsten Runde des Spiels munter wieder weitermachen. Wer sich mit dem Phänomen des Computerspiels auseinandersetzen will, muss schon besser zielen.
„Politics meets Games" setzt auf eine neue Kultur der Diskussion der Computerspiele. Zu Beginn des Abends wird André Horn, Vorsitzender des Münchner Vereins Videospielkultur eine Einführung in die Welt der Spiele geben und berichten, welche Plattformen und Genres es gibt. Anschließend erläutert Jürgen Hilse, Ständiger Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), wie die USK und das System der Alterskennzeichnung funktionieren. Abschließend erklärt Prof. Dr. Elisabeth André vom Lehrstuhl für Multimedia-Konzepte und Anwendungen der Universität Augsburg am Beispiel von Computerspielen für soziales und kulturelles Training, wie ein Spiel entsteht.
Die Parlamentarier werden verschiedene Spiele kennenlernen, unter anderem „Wii Sports", „Super Mario Galaxy", „Fable 2", „Halo 3", „Mario und Sonic bei den Olympischen Spielen", „Empire: Total War", „Guitar Hero", mehrere Online-, Handy- und GPS-Spiele sowie Spiele bayerischer Entwicklerstudios. Ebenfalls im Angebot befinden sich solche Spiele, die in der aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussion umstritten sind. Eine Liste aller im Rahmen des Spieleabends präsentierten Spiele sowie weitere Informationen finden sich unter www.cam-bayern.de/spieleabend.
Der Spieleabend soll auch klar machen, dass der Jugendschutz in Deutschland eine gute gesetzliche Grundlage hat. Der beste Jugendschutz kann jedoch nichts bewirken, wenn Eltern nicht wissen, was ihre Kinder am Computer treiben. Medienpädagogik wird deshalb immer wichtiger. Schule und Elternhaus tragen mindestens die gleiche Verantwortung wie der Gesetzgeber. "Fördern statt Verbieten" ist das Ziel der bayerischen Medienpolitik. Entgegen mancher veröffentlichter Meinung gibt es natürlich Spiele, die verboten sind. Nicht jedes Spiel kommt auf den Markt und nicht jedes Spiel bleibt auf dem Markt. Computerspiele haben sich zu einem Leitmedium entwickelt. München und Bayern als Heimat der Kreativen bekennen sich zu diesem Leitmedium. „Politics meets Games" eröffnet diese Diskussion in Bayern. Ich möchte sie in meinem Blog fortsetzen.